Alex Naef CEO des Bellacher Busbauers Hess und Präsident des Industrieverbandes Solothurn, gab der Solothurner Zeitung Ende 2022 ein ausführliches Interview. Den Auszug aus diesem zum Thema INVESO können Sie hier nachlesen.

Sie sind Präsident des Industrieverbandes in der Region Solothurn. Wie geht es der Solothurner Industrie?
Sie ist krisenerprobt, hat sie sich doch in den letzten Jahrzehnten immer wieder sehr schnell anpassen müssen. Man ist sicher mit einer gewissen Vorsicht ins 2022 gestartet und ist für 2023 nicht euphorisch, sondern leicht vorsichtig. Eine gewisse Sorge ist da um die Entwicklung auf globalen Absatzmärkten. Auch die Lieferketten bereiten Sorge, gerade mit Blick auf China und Taiwan. Aber eine gewisse Grundzuversicht ist ebenso da. Wir sind sehr divers und robust aufgestellt und haben den einen oder anderen Champion, der weltweit zu den besten gehört. Doch ...

Bitte.
Eines der grössten Wachstumshemmnisse am Jurasüdfuss ist, dass uns die Fachkräfte fehlen und dabei insbesondere die digitalen Fachleute. Es gibt Firmen, die ihre IT ins Ausland auslagern, weil die Fachleute in zu geringer Zahl vorhanden sind. Das ist ein Problem. Denn die Solothurner Industrie ist stark auf die Digitalisierung aufgesprungen und ist sehr innovativ.

Wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf gegen den Fachkräftemangel?
Wir müssen mehr Fachleute ausbilden. An der Fachhochschule Luzern tut man dies sehr erfolgreich. Aber an der Fachhochschule Nordwestschweiz gibt es derzeit keine Hochschule für Informatik. Auch an den Berufsschulen hat man das Potenzial der angewandten Digitalisierung erkannt und Massnahmen eingeleitet.

Wie kann dies geändert werden?
Wir müssen genügend Bewilligungen für Leute aus Drittstaaten erhalten. Das ist politisch sensibel, es soll auch nicht überborden. Aber wir brauchen diese Leute. Und wir dürfen Schulabgänger nicht verlieren. Unser Anliegen ist, dass man im Kanton Solothurn das Schulsystem anpasst.

Sie sprechen die zweijährige Sek P an, die es so in keinem anderen Kanton gibt.
Mit ihr verlieren wir viele junge Leute für die Berufslehre. Sie landen mit zwölf Jahren fast automatisch auf dem gymnasialen Weg, ohne sich bewusst zu entscheiden, ob sie eigentlich eine Berufslehre machen wollen oder ob sie aufs Gymnasium möchten. Ebenso wenig gibt es im Gymnasium eine obligatorische Berufskunde. Wenn wir diese sehr notenstarken Schüler frühzeitig auf die Universitätskarriere bringen, fehlen sie in den Berufslehren, den Berufsschulen, den Weiterbildungskursen der Branchen, den Fachhochschulen – und letztlich fehlen sie als begabte Fachkräfte in den Unternehmen. Ebenso fehlt im Gymnasium eine obligatorische Berufskunde. Das ist für unsere Volkswirtschaft nicht gut.

Wie beurteilen Sie die Standortstrategie des Regierungsrates?
Es ist ein gutes Dokument. Aber es muss noch stärker mit Leben erfüllt werden. Aus unserer Optik ist es noch sehr viel Theorie. Von der konkreten Umsetzung spüren wir zu wenig.

Zum Beispiel?
Die Strategie sieht vor, dass die Arbeitsgebiete gut erreichbar sind. Dort sehen wir grosse Defizite. Viele Arbeitsgebiete sind mit dem öffentlichen Verkehr nicht gut erschlossen. Im Raum Solothurn zeigt sich dies besonders: Wenn man nach Biberist oder Bellach will, muss man am Hauptbahnhof Solothurn 15 Minuten warten. Wenn man einen privaten Ausflug macht, spielt dies keine Rolle. Wenn ein Pendler aber jeden Tag zweimal 15 Minuten warten muss, ist das ein Nachteil für uns. Und …

Bitte.
Auch beim Individualverkehr haben wir rund um Solothurn verschiedene Nadelöhre, die den Standort unattraktiv machen. Ein richtiges Handicap für den Wirtschaftsstandort ist die Westtangente, in der Güter feststecken und Hunderte Autofahrer warten müssen. Es ist ein grosses Anliegen, dass wir das beseitigen können. Das Gros der Mitarbeitenden kommt zwar aus der Region. Aber wir verlieren wichtige Arbeitnehmer oder Bewerber aus dem Mittelland, die nicht mehr am Hauptbahnhof warten oder im Stau stehen wollen.

Nun setzen Sie sich als Hersteller von Bussen fürs Pendeln mit dem Auto ein.
Auch die Industrie ist sehr interessiert, dass die Arbeitnehmenden nicht mit dem Auto kommen. Denn Parkplätze brauchen Platz und kosten Geld. Wir haben jetzt als erster Betrieb in der Bellacher Industriezone mit der Parkplatzbewirtschaftung begonnen und fördern damit das Anreisen mit dem Velo oder dem ÖV. Aber in Drei-Schicht-Betrieben ist es wesentlich schwieriger, mit dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit zu kommen.

Wie sieht es an der Lohnfront aus?
Es gibt ein breites Bewusstsein in der Industrie, dass die Kosten für alle gestiegen sind – vom Heizen bis zu den Nahrungsmitteln. Man will deshalb etwas machen – im Rahmen von 2 bis 2,5 Prozent.

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